Chancen und Grenzen selbstlernender KI-Systeme

Künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen haben sich als DIE Technologiethemen des 21. Jahrhunderts etabliert. Obwohl die KI-Fähigkeiten in mancher Hinsicht derzeit erst am Anfang ihrer Möglichkeiten stehen, gibt es kaum noch Anwendungsfelder, in denen sie nicht neue Perspektiven eröffnen. Fast täglich gibt es KI-Innovationen, die helfen, Prozesse zu beschleunigen, komplexe Abläufe zu automatisieren oder Kundenbeziehungen individueller zu gestalten.

Eine ganz neue Ebene erreichen die KI-Optionen durch selbstlernende Systeme wie etwa ChatGPT, eine Kombination aus Chatbot- und Künstlicher-Intelligenz-Technologie, die Deep-Learning-Methoden verwendet, um Texte zu generieren, zu analysieren, zu bearbeiten, zusammenzufassen und zu übersetzen. Komplizierte Sachverhalte lassen sich mit ChatGPT auf allgemeinverständliches Niveau transformieren. Nachrichten, Fachtexte oder Gedichte – alles, was mit Sprache (auch Computercode) funktioniert, kann als Output ausgegeben werden.

Die entscheidende Stärke dieser Technologie ist, dass sie während des Austauschs mit den Nutzern permanent dazulernt. Solange ein Chat andauert, kann der Anwender oder die Anwenderin Rückfragen anbringen, sich auf vorherige Aussagen und Texte beziehen sowie Änderungen und Anpassungen vornehmen oder weitergehende Fragen stellen. Der Bot erinnert sich also an alle bis dahin gestellten Fragen und die generierten Antworten.

Die Informationsbasis von ChatGPT sind viele Millionen Texte aus dem Internet, aus Büchern und Zeitungs- oder Magazinartikeln, aus Blogs, Foren oder sozialen Medien. Das lernfähige System wird damit permanent trainiert, wobei eine Filterfunktion Falschaussagen oder die Ausgabe von als schädlich definierten Inhalten verhindern soll.

Das Herzstück des Chatbots ist das Sprachmodell GPT, das im Wesentlichen nichts anderes tut, als ausgehend von den erlernten Internetinformationen die Wahrscheinlichkeit für das nächste Wort einer Folge von Wörtern oder eines Satzes zu berechnen. Allerdings kann die neueste Version von GPT zusätzlich bereits Bilder analysieren und verstehen. Inzwischen ist die Technologie über die reine Beantwortung von Wissensfragen hinausgewachsen und in der Lage, logische Verknüpfungen zu erstellen und damit eigenständig Schlüsse aus recherchierten Zusammenhängen zu ziehen.

Entsprechend besorgt blicken daher manche Berufsvertreter und Wissensarbeiter auf die Folgen der neuen KI. So klagen etwa Lehrer und andere im Bildungssektor tätige Personen, dass sich in vielen Fällen bald wohl nicht mehr klären lässt, wo die Textpassagen von ChatGPT enden und die Eigenarbeit von Schülern und Studierenden beginnt. Erst eine individuelle Überprüfung kann dann ermitteln, inwieweit der betreffende Autor oder die betreffende Autorin die dargestellten Sachverhalte auch selbst verstanden und als Basis für eigenes Wissen durchdrungen hat.

Es bleibt daher zunächst eine schwer zu beantwortende Frage, wo und wie diese KI-Technologie gewinnbringend eingesetzt werden kann und wo bei allem disruptiven Potenzial ihre Grenzen liegen – das heißt: wo zukünftig nach wie vor der Mensch als urteilende und Entscheidungen treffende Instanz benötigt wird.

Künstliche Intelligenz in all ihren Spielarten ist das dynamischste Technologiefeld der Gegenwart. Wir werden Sie daher künftig weiter über wichtige neue Entwicklungen auf diesem Gebiet informieren.

Sven Neumann, Inhaber des Bildungsträger competence2u